<< Rechtliche Konsequenzen der Nichterfüllung von Rücksichtspflichten → §§ 280,282,324 BGB >>


Dieser Unterschied zwischen Leistungspflichten einerseits und Rücksichtspflichten andererseits wirkt sich insbesondere bei den Rechtsfolgen der Nichterfüllung aus. Während bei Leistungspflichten ein Schadensersatzanspruch des Gläubigers statt der Leistung gegen den Schuldner wegen Nichterfüllung von einer Fristsetzung gem. § 281 BGB oder dem Freiwerden des Schuldners nach § 275 BGB abhängig gemacht ist, lässt sich ein Schadensersatzanspruch wegen Zuwiderhandelns gegen Rücksichtspflichten nicht derart beschränken. Daher ist für einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung von Rücksichtspflichten auch nicht erforderlich, dass dem Schuldner die Erfüllung seiner Verpflichtung künftig unmöglich ist. Der Verstoß gegen Rücksichtspflichten führt schon als solcher zu einer Schadensersatzverpflichtung wegen Pflichtverletzung, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung gemäß §§ 276 ff. BGB zu vertreten hat.

Die Fälle der Nichterfüllung von Unterlassungspflichten, die auch Nebenpflichten im Rahmen eines hauptsächlich Handlungspflichten enthaltenen Vertrags sein können, fasste man früher zusammen unter dem Begriff "positive Forderungsverletzung". Dieser Begriff beinhaltete, dass Unterlassungspflichten durch positives Tun verletzt werden. Indessen war dieser Begriff nie ganz zutreffend; es konnte immer schon auch die Verletzung von Handlungspflichten einen solchen Schadensersatzanspruch auslösen, wenn nämlich die Handlungspflicht nicht das Erfüllungsinteresse des Gläubigers betrifft, sondern das allgemeine Vermögensinteresse, nicht in seinem Vermögen beeinträchtigt zu werden.

Der Begriff der positiven Forderungsverletzung ist damit endgültig obsolet geworden. An seine Stelle ist der der Pflichtverletzung getreten. Die Fallgruppen der sogenannten positiven Vertragsverletzung haben in den §§ 280 ff., 324 BGB eine neue Rechtsgrundlage gefunden. Der Begriff wird allerdings seine Bedeutung behalten zur Bezeichnung einer der großen Leistungen der Rechtswissenschaft und Rechtspraxis bei der Ausfüllung der damaligen, nun geschlossenen Lücke im Gesetz für die rechtliche Behandlung der Schlechtleistung des gemäß § 611 BGB Dienstleistungsverpflichteten, von Mangelfolgeschäden und der Verletzung von Sorgfalts- und Unterlassungspflichten.


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